Pinot Noir – Kampf der Giganten

Dezember 18, 2009

Nein, hier geht’s nicht um DRC vs Leroy oder Becker vs Gantenbein, hier geht’s um Riedel vs Zalto, um das beste Pinot-Glas, aus aktuellem Anlass. Der Stern nämlich stellte die „Frage der richtigen Gläser“ . Normalerweise halte ich von solchen Tests wenig bis nichts, vor allem wenn ein sensationslüsternes Magazin wie der Stern daran beteiligt ist. Das Set-up wirkte dennoch professionell, in 2 Durchgängen werteten sowohl eine Laien- als auch Fachjury, jeweils mit Augenbinden und Handschuhen ausgerüstet. Und vor allem hat bei der Fachjury in allen 3 Kategorien (!) das entsprechende Glas von Zalto gewonnen, also kann der Test nicht so verkehrt gewesen sein. Nicht umsonst bin ich seit vielen Jahren überzeugter Zaltojünger, schon vor knapp 3 Jahren hat mein Alter Ego auf Traubing eine Lanze dafür gebrochen

Oder gab’s vielleicht doch Mängel?

Beim genauen Hinsehen auf  die Ergebnisse für das beste Pinot-Glas vermisste ich ein Glas, ausgerechnet das wahrscheinlich berühmteste Weinglas überhaupt: das Burgunder Grand Cru Sommeliers von Riedel, im Volksmund besser bekannt als Goldfishbowl, das immerhin im MoMA ausgestellt wird. Das führende englische Weinmagazin Decanter beschrieb dieses Glas anlässlich einer vergleichenden Gläserverkostung als „The finest Burgunder glass of all times, suitable for both young and old burgundies“. Der ideale Sparringpartner also für  das frischgebackene Siegerglas Denk’Art Burgunder von Zalto. Im kleinen Kreis führte ich den Selbsttest mit gereiften und jungen, mainstreamigen und traditionellen, burgundischen und heimischen Pinots durch.

Auch wenn beide Hersteller mit ähnlichen Aussagen wie „Integriert die Säure in die Frucht“ oder „Verstärkt Frucht und süße Komponenten“ werben, war der Unterschied überraschend deutlich. Während im Zalto die Weine sofort anspringen, bestimmte Noten wie Mineralität aber leider auch Alkohol verstärkt herausstellen, benötigen sie im Riedel-Pokal wesentlich mehr Zeit zur Harmonisierung, wirken dann aber umso tiefer und komplexer, ausbalanciert und souverän. Grundsätzlich mag das Riedel-Glas sowohl Frucht und Alkohol, das Zalto-Glas ist da sensibler und präferiert feingliedrige, subtile, mineralische Weine. Gar nicht zurecht kommt es mit zuviel Alkohol. Schwächere Weine haben weder hier noch da eine Chance.

Das waren die Testweine:

Bernard Glantenay Pommard 1er Cru ‚Les Rugiens‘ 1999 – ein idealtypischer Burgunder am Beginn seiner Trinkreife: Kompexität und Größe werden im Riedelglas viel besser herausgearbeitet, der Wein wirkt darin deutlich vielschichtiger und komplexer als im Zaltoglas. Zalto betont einmal mehr Frucht und Mineralität, zeigt aber insgesamt weniger Facetten. 1:0 für Riedel.

Henrik Möbitz ‚Kanzel‘ 2002 –  ein auf dem Punkt ausgereifter badischer Pinot sehr traditioneller Machart eines der allerersten Jahrgänge des heute gefragten Boutiquewinzers: beide Gläser performen ähnlich gut, wobei ich trotzdem dem Zalto den Vorzug geben würde, der sehr elegante Vertreter ist vielleicht eine Spur zu zart für den Riedel-Pokal. 1:1.

Hirschhorner Hof Pinot Noir 2005 – ein Pfälzer aus biodynamischen Lesegut von einem der Geheimtipps der Region, sehr geradlinig, stilistisch an Südkalifornier à la Jim Clendenen erinnernd: ähnliche Wahrnehmung wie beim Franzosen, wobei der Unterschied nicht so gewaltig ist, dennoch ist dieser sehr animierende Pinot aufgrund seiner Jugend bei Riedel besser aufgehoben. 2:1 für Riedel.

Weingut Schumacher Spätburgunder ‚Garten R‘ 2007 –  ein weiterer Pfälzer, hochbewertet, ein moderner deutscher Pinot mit viel Saft und Kraft und deutlicher Holznote: der Wein war insgesamt enttäuschend, wirkte fast infantil aufgrund überdeutlicher Aromen nach Milchkaffee, im Zaltoglas aufgrund der alkoholischen Noten fast brandig und ein abolutes No-go („Café au lait mit Kirsch“). Weine dieser Machart im jugendlichen Stadium brauchen große Gläser, noch besser Karaffen, aber das ist ein anderes Thema. 3:1 für Riedel.

Eigentlich ein klarer Sieg für den Riedel’schen Burgunderkelch. Allein die erlebte Befriedigung durch so manche Schnüffelorgie im großen Pokal ist durch kein anderes Glas zu ersetzen. Doch gerade Pinot verbreitet eine erotische Sinnlichkeit wie kein zweiter Wein. Und diese will ich nicht nur mit Augen, Nase und Mund ergründen, sondern auch ertasten und körperlich spüren. (Die Juroren mit ihren Handschuhen waren sichtlich gehandicapt.) Und dieses für den Genussmenschen nicht unwichtige Kriterium transportiert das Zaltoglas in geradezu idealer Weise. Nicht selten habe ich mich dabei erwischt, den Wein durch das wohlproportionierte Glas streicheln zu wollen, ausgeprägte Kurven an den richtigen Stellen und ein süchtigmachender Grip tragen das ihre dazu bei. Das Zalto-Glas bleibt dazu leicht in der Hand, bei Riedel sind die optischen Proportionen weniger attraktiv und erfordern zudem vollste Konzentration beim Begrabschen Handling. Die Bewertung dieser Komponente soll jeder für sich selbst vornehmen, wie übrigens auch beim Wein.

4 Responses to “Pinot Noir – Kampf der Giganten”

  1. Eline Says:

    Sehr spannend!
    Ich habe zum Vergleich nicht diese Riedel Sommelier Ballone, sondern die besseren Zwiesel PN Glaeser. Die vertragen auch mehr Alkohol- aber die Haptik, die elegante Leichtigkeit und nicht zuletzt die einfache Pflege machen die Burgunder Zalto, wie auch alle anderen Varianten zu den besten Glaesern, die ich je hatte!

  2. pivu Says:

    Hier ein nicht unspannender Link zum Riedel-Pokal anläßlich der jüngsten Weinrallye: „Tiefes B… (a.k.a Weinralley „Pinot Noir“)„.

  3. Manuel Says:

    Wenn man den Artikel im Stern ließt steht dort Weingläser von 5 bis 55€. Damit fallen sowohl Riedel Burgunder als auch Bordeaux Gläser der Sommelier-Serie raus die ja 75€ kosten, oder liege ich da falsch.
    Im Artikel wird nirgendwo erwähnt welche Gläser genau getestet wurden, außer eben diese preisliche Einschränkung.
    Gerne hätte ich die komplette Liste gesehen und jeweils die Punkte

    • Manuel Says:

      Ich bin da ganz deiner Meinung. Keine Gesamtliste der getesteten Gläser macht das ganze etwas undurchsichtig. Sie hätten ja nicht mal die Bewertung für jedes Glas hinschreiben müssen, aber zu wissen welche Gläser überhaupt dabei waren wäre schon sehr sinnvoll gewesen.
      Ich denke auch, dass die Sommelier Gläser von Riedel nicht im Rennen waren. Die einzige Serie die von Riedel auftaucht ist die Vinum Serie.


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