Blaufränkisch 2002 (1) – Tücken einer Blindprobe

November 4, 2007

Ich bin überhaupt kein Freund von Blindproben, schließlich muss ich die Weine nicht unvoreingenommen bewerten sondern will sie genießen und in Erinnerungen schwelgen. Unlängst war es aber wieder soweit, einige Top-Blaufränkische aus 2002 standen bei einem Frankfurter Weinhändler an, das Panel war bekannt, und prompt verkommt die ernsthafte Probe zu einem heiteren Ratespielchen. Zumindest für mich, der ich fast alle Weine schon einmal im Glas hatte. Selber schuld.

Vor mir standen also 6 nummerierte Gläser gefüllt mit folgenden Weinen:

Spannung und Klasse war garantiert.

Anstatt aber jetzt Glas für Glas objektiv zu verkosten, auf die Weine einzugehen, sie zu beschreiben und danach untereinander zu vergleichen, versuchte ich die Weine wiederzuerkennen. Am besten nach dem Ausscheidungsverfahren, also welches ist der Tesch, der muss ja einfach zu finden sein, immerhin kostet er deutlich weniger als der Rest? Also wird an allen Gläsern kurz gerochen und los ging’s.

Sehr rasch meinte ich, diesen vermeintlich schwächsten Wein im Glas Nr. 3 zu finden, war er doch deutlich heller in der Farbe und wirkte weiter entwickelt mit teilweise oxidativen Noten, zwar von der Säure getragen aber irgendwo auch am Ende. Dann kam Glas Nr. 6, nach dem ersten Eindruck mit deutlich aus der Reihe fallenden, kühlen und würzigen Aromen, mit steinigen Noten und riesigem Trinkspaß am Gaumen, in diesem Stadium nahezu perfekt. Das kann nur einer der Südburgenländer sein, wahrscheinlich ist’s der ‚Reihburg‘, der ‚Perwolff‘ hat mich in den Vorgängerjahren meist enttäuscht (zuviel Holz ’99, 2000 zu harmlos). Dann die Nr. 4, das Glas machte mich im 1. Durchgang sehr neugierig, war er doch sehr verhalten in der Nase, aber mit festem, geheimnisvollen Körper. ArmbindeMit der Zeit herrliche Balance am Gaumen, sehr lange, weiteres Potenzial. Hmm, ist das jetzt der Moric oder doch ET, die Wahl fällt auf den ‚Alte Reben Lutzmannsburg‘, vor allem aufgrund einer 1. Trinkreife. So, die Hälfte wär‘ geschafft, bleiben noch 3 Weine.

Im 1. Glas war wieder so ein Ausreisser, diesmal sind’s florale Noten, Veilchen und Minze, die mich irritierten. Und ein toskanischer Pirat war auch nicht angemeldet. Was jetzt, Schiefer war ja schon vergeben, Krutzler könnte es freilich sein, oder vielleicht doch Kollwentz? Ganz ähnliche Noten kannte ich nämlich vom Römerhof, blöderweise war’s der ‚Steinzeiler‘. Ich bin unsicher, ‚Perwolff‘ oder ‚Point‘? Im 2. Glas ein Möchtegern-Parkerwein mit (zu)viel Holz, buttrig-vanilligen Noten, am Gaumen deutliche Tannine ohne Spaß, ein Kraftpaket, die nächste ‚Perwolff‘-Enttäuschung? Oder der ‚Point‘, Andi soll ja konzentrieren, beides ist möglich. Bleibt jedenfalls die Nummer 5 für ET, das ist nämlich auf keinen Fall der Moric. Und schon schmeckt die 5 wie ein ‚Mariental‘, praktisch.

Alles noch in meine persönliche Reihenfolge gebracht, Wein 6 (Schiefer) vor 4 (Moric), dann die 5 (ET) knapp vor der 1 (Krutzler / Kollwentz), 2 (Krutzler / Kollwentz) deutlich dahinter und für die 3 (Tesch) an letzter Stelle hab‘ ich mich ja schon nach geschätzten 8 1/2 Sekunden entschieden. Wieso schnüffeln und kosten meine Mittrinker eigentlich noch?

Auflösung und Tasting Notes folgen demnächst, nur eines vorweg: selbstverständlich lag ich ziemlich daneben. Vielleicht war ich auch nur abgelenkt von den vielen SMS zum parallel laufenden Cupspiel der Eintracht gegen BVB, das ging schließlich auch in die Hose. Als Fazit bleibt: man schmeckt was man zu schmecken glaubt oder schmecken will. Dafür brauch‘ ich keine verdeckte Probe.

4 Responses to “Blaufränkisch 2002 (1) – Tücken einer Blindprobe”


  1. […] A fellow blogger wrote a fantastic post today on “pivu”. Here’s ONLY a quick extract. Ich bin überhaupt kein Freund von Blindproben […]

  2. Carolin Says:

    Don’t forget Teil 2 my dear. ET rules – wetten??

  3. pivu Says:

    Pls be patient „my dear“, ich warte noch auf die offizielle Auswertung. Zur Wette, da könntest Du recht haben, aber in welchem Glaserl war er denn?


  4. […] Richtig spannend wurde es nach der Blindverkostung, als wir unabhängig voneinander unsere bescheidenen Eindrücke zum Besten gaben. Ich vorneweg […]


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